„Zur Welt hin glühen“

Emotionen, die Erfahrung von Lebendigkeit und die Freude am Leben

Der Gestalttherapie war es von jeher ein Anliegen, Klient:innen beim Erleben ihrer Emotionen und damit ihrer Vitalität zu unterstützen. Dafür gab und gibt es gute Gründe, die in dem vorliegenden Text beschrieben werden. Zu ihnen gehört die Erfahrung von Erregung als dem ersten der zwei wesentlichen Aspekte menschlicher Affektivität, die Perls mit Bergsons „élan vital“ in Verbindung brachte und als „ein Mittel [betrachtete], um Bezug herzustellen“ (1980, 109 – H.d.V.). Auf diese Weise griff Perls die in der Phänomenologie hervorgehobenen Dimensionen der Leiblichkeit und der Intentionalität sowie deren Verknüpfung auf. Der zweite Aspekt jedes Affekts, seine positive oder negative Valenz, wird gleichfalls erörtert und im Hinblick auf die Implikationen einer ausschließlich hedonischen Betrachtungsweise diskutiert. Schließlich wird der Nutzen einer eudämonischen Haltung für das persönliche Wachstum dargestellt.

Ich widme diesen Text dem Gedenken an meine Freundin und Kollegin Donna Orange (2004; 2009; 2011), die das Leben trotz traumatischer Erfahrungen liebte. Sie kam am 19. 11. 2024 im Alter von 80 Jahren als Radfahrerin beim Training für ihr nächstes Langstrecken-Rennen durch einen Verkehrsunfall ums Leben. Ich bin sicher, dass sie, könnte sie meine Trauer sehen, voller Mitgefühl wäre und sich zugleich über unsere Verbundenheit und meine Lebendigkeit freuen würde, die sie in meinen Tränen erkennen würde.

Schlüsselbegriffe: Affekt, Bewegung, Bezogenheit, Emotion, Eudämonie, Erregung, Gegenwart, Hedonie, Intersubjektivität, Intentionalität, Lebendigkeit, Lebensfreude, Leiblichkeit, Sinn des Lebens, Valenz, Zukunft.

“Glowing towards the world”: Emotions, the experience of vitality, and the joy of life. Gestalt therapy has always been concerned with supporting clients in experiencing their emotions and thus their vitality. There were and are good reasons for this, which are described in the present text. These include the experience of excitement as the first of the two essential aspects of human affectivity, which Perls linked to Bergson’s “élan vital” and viewed as “a means of relating” (1970, 31 – italics added). In this way, Perls referred to the phenomenological notions of corporeality and intentionality as well as to their interconnectedness. In addition, the second aspect of every affect, its positive or negative valence, is described and discussed in terms of its implications for an exclusively hedonic approach. Finally, the benefits of a eudaimonic attitude for personal growth are underlined.

I dedicate this paper to the memory of my friend and colleague Donna Orange (2004; 2009; 2011), who loved life despite her traumatic experiences. She died on November 19, 2024, at the age of 80 in a traffic accident as a cyclist training for her next long-distance race. I am sure that if she could see my grief, she would be full of compassion and would as well be happy about our connection and my liveliness, both of which she would also recognize in my tears.

Keywords: Affect, corporeality, emotion, eudemonism, excitement, future, hedonism, intersubjectivity, intentionality, joy of life, meaning of life, movement, presence, relatedness, valence, vitality.

Gefühle

39. Jahrgang, Heft 1 / 2025 21

Einzelner Beitrag, digital: 4,99 Euro
Einzelheft, digital: 12,99 Euro / Einzelheft, print: 15 Euro

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